»Diese Welt ist nichts anderes als eine Leinwand für unsere Vorstellung. «
Henry David Thoreau
Es sind gar nicht die Dinge selber, die uns unglücklich oder glücklich sein lassen, sondern unsere Vorstellung von den Dingen.
Und vielleicht mache ich mir diese Erkenntnis von damals viel zu selten bewusst in diesem Dickicht von Alltag, durch das ich mich Tag für Tag durchwinde. Hin und wieder wird es mir jedoch bewusst, so wie neulich:
Ich hatte sehr anstrengende Wochen und Monate hinter mir. Ein Hauskauf, eine Haussanierung, ein Umzug, dann wieder ein Wasserschaden im frisch sanierten Haus. Und dies mit all den Vorstellungen, die mit solchen Lebensereignissen einhergehen. Da unsere Kleine jetzt seit einigen Wochen in den Kindergarten ging, hatte ich ganz unerwartet einen Vormittag mit zwei/drei Stunden Zeit für mich. Und ich malte mir aus: eine Tasse Tee am Esstisch trinken, etwas lesen, ein bisschen Yoga. Ich konnte mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal so einen Vormittag vor mir hatte. Etwas in mir entspannte sich, und die Vorstellung fühlte sich ziemlich wohlig an. Dann klingelte das Telefon: Der Herr von der Wasserschaden-Sanierungsfirma käme heute Vormittag vorbei. Das wohlige Gefühl verflüchtigte sich, die Entspannung trat langsam den Rückzug an. Es eröffneten sich Vorstellungen, von Handwerker, die die Tapeten abreißen, Wände wieder aufkloppen und laute Entfeuchtungsgeräte aufstellen. Und trotzdem hatte ich bis zum Termin noch zwei Stunden Zeit. In der Realität hatte sich an den nächsten zwei Stunden nichts verändert. Ich hatte trotzdem Zeit für eine Tasse Tee und Yoga. Aber es fühlte sich nicht so entspannt an wie vorher. Und zwar einzig und allein aufgrund der Vorstellung, was danach passieren würde. Dabei kann man nun eigentlich wirklich nie wissen, was passiert. Vielleicht würde der Handwerker ja gar nicht kommen (eine Erfahrung, die ich in den letzten Monaten öfter gemacht hatte) und dann hätte ich mir meine schöne Teestunde durch die Vorstellung, dass er käme, vermiest. Und als ich das erkannt hatte, war es, als würde ein 9jähriges Mädchen mit einem aufblasbaren Delphin unter dem Arm mir ins Gesicht lächeln und mir ein paar Urlaubsreisen in der nahen Zukunft versprechen, nur damit ich für diesen Moment glücklich war.